Rathaus

Seelig

Von Josef Krems

Zahlreiche Funde aus der Steinzeit beweisen, daß in der Fränkischen Schweiz – auch bei Seelig und im angrenzenden Aufseßtal – schon seit uralten Zeiten Menschen lebten. Vor einer ordentlichen Besiedlung hausten sie in Höhlen; wenn die Nahrungsquellen ausgingen, zogen sie weiter, und so konnte es geschehen, daß das Land jahrzehntelang von keines Menschen Fuß betreten wurde.

Als nach der Völkerwanderung wieder Ruhe im germanischen Lebensraum eintrat, errangen die Franken immer mehr Macht und Einfluß. Sie drangen mainaufwärts auch bis hierher und noch weiter vor und nahmen unsere Gegend in ihren Besitz. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Seelig eine fränkische Gründung ist. Diese Vermutung paßt zum Alter des Ortes Seelig. Das Dorf bestand nämlich schon vor der Gründung des Bistums Bamberg (1007). – Es gehörte zum Bistum Würzburg, das schon 741 von Bonifatius errichtet worden war. Würzburg hatte in Seelig Zehentrechte; diese sind urkundlich nachzuweisen. So zählt das Lehensbuch des Hochstifts Würzburg unter den Bischöfen Andreas von Gundelfingen (1303 – 1307),und Gottfried von Hohenlohe (1317 – 1322) auch Seelig im Sprengel der Urkirche von Nankendorf als Siedlung auf, die zum Lehensbereich des Bistums Würzburg gehörte. – Allerdings hieß es damals nicht Seelig, sondern Saiheck. Das bedeutet: Ein Platz, an dem viele Salweiden stehen.

Da, wie schon erwähnt, das Bistum Bamberg erst 1007 durch Kaiser Heinrich 11. (1002 – 1024) gegründet wurde, bestand also der Ort Seelig schon eher. Denn Würzburger Zehentrechte konnten nach 1007 im Bereich des Hochstiftes Bamberg nicht mehr entstehen. Das Schicksal des Dorfes und seiner Bewohner war im Mittelalter ähnlich dem anderer Orte: Grundlage des Lebens war die Landwirtschaft; sie war im großen und ganzen dürftig, da auf den Jurahochflächen wenig gedieh. Was die Bauern erwirtschafteten, mußten sie großenteils an die Herren abgeben. Auch die Schlüsselberger, die um 1216 die Herrschaft in und um Waischenfeld antraten, nahmen ihren Teil. Sie übertrugen die Zehentrechte von Seelig den Rittern von Rotenstein.

Nach dem Tode des letzten Schlüsselbergers im Jahre 1347 entstand, da Konrad von Schlüsselberg ohne männliche Nachkommen war, Streit um das Erbe. Seelig kam in den Besitz der Herren von Streitberg und damit auch in den Einflußbereich der Burggrafen von Nürnberg. Da nach mehr als 200 Jahren deren Nachkommen und ihr Gefolge die Lehre Luthers annahmen, wurde auch Seelig evangelisch.

Nach dem Erlöschen der Familie von Streitberg kam ein Teil ihrer Güter, darunter auch Seelig, an den Bamberger Bischof Marquard Sebastian Schenk von Stauffenberg, der sie an seine Brüder und Verwandten auf Greifenstein übertrug. Nach dem Besitzwechsel änderte sich auch die Konfession. Seelig wurde wieder katholisch und kam im Jahre 1705 zur Pfarrei Waischenfeld.

Die Herren von Stauffenberg kümmerten sich um das religiöse Leben ihrer Untertanen sehr. Sie stifteten für die Eustachius-Kapelle in Seelig einen schönen Altar, der heute die Kirche in Hubenberg schmückt. Es ist unbekannt, wenn in Seelig die erste Kirche gebaut wurde. Sie erwies sich als zu klein. Deshalb schlossen sich die Einwohner Seeligs schon nach dem 1. Weltkrieg zu einem Kirchenbauverein zusammen. Ihr Ziel, eine neue, größere Kirche zu bauen, konnten sie erst nach dem 2. Weltkrieg in den Jahren 1949 – 1951 verwirklichen. Die Einsatz- und Opferbereitschaft aller Dorfbewohner war vorbildlich. Viele Freunde und Gönner halfen mit Rat und Tat und Spenden, so daß ein würdiges Gotteshaus entstehen konnte, auf das wir stolz sind und dessen Bild unsere Fahne ziert.

Doch wollen wir unseren Blick nochmals in die alten Zeiten zurückwenden! – Unser Dorf teilte das Schicksal mit den anderen Orten auf dem „Ranger“. Die Bauern wurden gequält und unterdrückt wie überall. Sie hofften auf eine Besserung durch den Bauernaufstand im Jahre 1525. Nach der Niederlage des Bauernheeres wurde die Not noch größer. -Im 30jährigen Krieg trieben Schweden – und andere Soldatenhaufen ihr Unwesen, plünderten, brannten und zerstörten. –

Neben kleinen Freuden ertrugen die Menschen in früheren Zeiten viel Leid und Elend. Trotzdem ging es auch in Seelig stets aufwärts, und die Bürger des Ortes waren immer fortschrittlich und aufgeschlossen. Das beweist auch die Tatsache, daß im Jahre 1817 eine Schule erbaut wurde. Die Initiative ging zwar vom Herrn Pfarrer von Waischenfeld, Friedrich Kremer, aus, doch waren die Orte Seelig – Schönhaid, Hubenberg und Gösseldorf bereit, die finanziellen Lasten im Interesse einer guten Ausbildung ihrer Kinder zu tragen. In den Jahren 1930/1931 wurde dann ein neues Schulgebäude errichtet, in dem bis zum Jahre 1970 unterrichtet wurde.
In der neueren Geschichte hinterließen die beiden Weltkriege tiefe Wunden. Verhältnismäßig viele junge Männer fanden den Tod; manche sind vermißt und verschollen.

Mit der Ansiedlung von Industrien im Raume der Fränkischen Schweiz und infolge der Motorisierung boten sich auch den Einwohnern von Seelig Möglichkeiten an, vom Heimatdorfe aus einen Arbeitsplatz zu erreichen. So pendeln heute Nebenerwerbslandwirte und vor allem Bauerntöchter und -söhne in verschiedene Richtungen und arbeiten im Handwerk oder in der Industrie. Doch gibt es auch noch bäuerliche Vollerwerbsbetriebe. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß sie gutes Altes beibehalten und dem Fortschritt trotzdem aufgeschlossen sind.

Es gibt in Seelig keine Gewerbebetriebe mehr; sogar das Wirtshaus ist eingegangen. Doch kommen die Ortsbewohner immer wieder zu Gesprächen zusammen. Sie beraten und üben Kritik; sie helfen einander, wenn es nötig ist, und haben für die dörfliche Gemeinschaft alles übrig. Das haben sie in früheren Zeiten als selbständige Gemeinde bei vielen Projekten zur Genüge bewiesen, das zeigen sie auch heute noch. Den Beweis soll Ihnen, verehrte Gäste, dieses Fest anläßlich des 100-jährigen Bestehens unserer Feuerwehr liefern. 

Deutung des Ortsnamens
(aus: Heimatkundliche Stoffsammlung im Lkr. Ebs., Oktober 1962)
Der Name weist auf Salweide hin, Seelig ist eines der ältesten Juradörfer auf dem Hochplateau zwischen Aufseß und Wiesent. Die Bistümer Würzburg und Bamberg, die Schlüsselberger, die Rotensteiner, Streitberger und Stauffenberger waren die Herren des Dorfes. Eine Schule war wohl schon längst vorhanden; aber in der Art, daß  bloß in den Wintermonaten von einem notdürftig unterrichteten Weber oder Schneider der Unterricht erteilt wurde. Alle Jahre wurde mit den Ortschaften Gösseldorf, Saugendorf und Hubenberg vereinbart, wo selbst wieder jeder Hausbesitzer gehalten war, den sog. „Schulmeister“ der Reihe nach abwechselnd mit dem Orte immer eine Woche in Kost und Logis zu nehmen. Ein solcher Schulhalter erhielt außerdem von jedem Schulkind einen Kreuzer Schulgeld. Unter solchen Verhältnissen war es freilich nicht möglich, etwas mehr als notdürftig Lesen und Schreiben und einiges aus dem Katechismus zu erlernen. Diese schon in der weniger anspruchsvollen Zeit um 1817 als „unhaltbaren“ Zustände“ gezeichnete Schulhalterei konnte den Augen des höchsttätigen und um das deutsche Schulwesen hochverdienten Herrn Regierungsschulrat Dr. Graser nicht verborgen bleiben, da sich derselbe nichts mehr angelegen sein ließ, als die Errichtung neuer Schulen besonders an solchen Orten, wo wegen der entfernten Lage zum Pfarrsitz und der Pfarrschule eine gänzliche Verwilderung der heranwachsenden Jugend sehr leicht möglich war. So konnte 1617 an der neuorganisierten Schule der damalige Lehrer Kar sein hartes Werk anstelle des seitherigen Winterschulhalters Schnorrer beginnen. Da noch kein Schulhaus vorhanden war, wurde im unbewohnten Haus des Bauern Friedrich Schnörer zu Seelig Unterricht erteilt. Nach harten Kämpfen betrieb der damalige Schultheiß von Seelig, Georg Wunder, die Erbauung eines Schulhauses im Jahre 1818, welches samt Bauplatz auf 940 fl. zu stehen kam und durch Umlagen gedeckt wurde“. Ein gnädiges Geschenk zu benanntem Bau machte S. Hochw. Gnaden Freiherr von Stauffenberg, vorm. Domherr zu Bamberg. 1931 konnte in dem bescheidenen, vom Verkehr abgelegenen Juradorf Seelig die Einweihung des neuerbauten Schulhauses vollzogen werden.